Es ist faszinierend: Das Erbgut unserer nächsten Verwandten im Tierreich unterscheidet sich nur wenige Prozent vom menschlichen Genom. Der modernen Wissenschaft ist es gelungen, die DNA der großen Menschenaffenarten vollständig zu entziffern.
Gleichzeitig ist es traurig: Grosse Menschenaffen können kaum mehr in der freien Wildbahn beobachtet werden. Der Lebensraum wird laufend zerstört, die Tiere werden gejagt und ihr Fleisch verkauft. Die Bestände sind in den letzten Jahrzehnten dramatisch eingebrochen.
Stichwort Bushmeat: Der Schweizer Fotograf Karl Ammann zeigt auch die Bilder, die niemand sehen will – Spiegel-Online Artikel über Karl Ammann: “Last Exit Nanyuki: Bilder einer sterbenden Welt”.
Statt nach Afrika oder Asien zu reisen, habe ich mich für eine Stunde in den Zug gesetzt und das Affenhaus im Zoo Zürich besucht. Ich habe immer gemischte Gefühle, wenn ich einen Zoo besuche. Ich habe bereits viele Tiere in freier Wildbahn gesehen. In einem Zoo geben die Tiere hinter ihren Gittern im Vergleich dazu meist ein trauriges Bild ab: Je mehr Beton und Stahl, desto schlimmer. Da sehe ich mir fast lieber ausgestopfte Tiere an – die müssen wenigstens nicht mehr leiden. Auch im Zoo Zürich finden sich noch alte Betonbauten aus dem letzten Jahrhundert. Der Tiergarten wurde bereits 1929 eröffnet. Die Zoo-Leitung lehnt sich aber nicht untätig zurück und investiert geschickt in unkonventionelle moderne Anlagen und Projekte wie den mittlerweile berühmten Masoala Regenwald (YouTube Video). Der grosszügige Kaeng Krachan Elefantenpark, welcher 2014 eröffnet werden soll, ist aus meiner Sicht ein weiterer Meilenstein in die richtige Richtung.
Ich hatte geplant, viel Zeit bei den Orang-Utans zu verbringen und zu fotografieren. Ich merkte aber schnell, dass dies schwierig werden könnte: Da war einfach zu wenig Licht für scharfe Bilder. Die Orang-Utans waren laufend in Bewegung und turnten an den Gittern herum. Leider waren auch die Glasscheiben nicht besonders sauber. Bei den Gorillas nebenan sah die Situation dagegen anders aus: Die Affen waren vorwiegend am Boden – Gorillas sind auch in freier Wildbahn Bodenbewohner – und trauten sich auch viel näher an die Glasscheibe, welche sie von den glotzenden, klopfenden, kreischenden und grölenden Kindern trennte.
Ich verstehe ja, dass die Kinder beim Anblick der knuddeligen Tiere begeistert sind, aber der permanente Lärmpegel war auf Dauer doch eine Zumutung. Ein bisschen mehr Respekt fände ich angebracht. Ob dies den Gorillas nichts ausmacht? Naja, wenn man das nächste Bild betrachtet, scheint ein Gorilla-Leben im Zoo Zürich doch recht angenehm zu sein!
Ursprünglich hatte ich Schwarzweiss-Bilder im Kopf, die erste Bildserie ist jetzt farbig geworden. Ich werde aber sicher noch einige Schwarzweiss-Varianten ausprobieren. Nach diesem Vormittag im Affenhaus habe ich knapp 16GB RAW-Files produziert. Mit diesem Material werde ich noch eine Weile beschäftigt sein.
Tierkinder lösen immer Emotionen aus. Bei den kleinen Gorillas ist dies nicht anders. Die Kleinen sind die unangefochtenen Stars und sorgen für die Action. Der alte Silberrücken dreht den Besuchern meist den Rücken zu und brütet vor sich hin. Wie man der Presse entnehmen kann, hat der starke Gorilla-Mann N’Gola Probleme mit seinem Herzen – hier der Link zum Artikel im Tages-Anzeiger: “Der Silberrücken hat eine Herzschwäche”.
Nachtrag 16.01.2014: N’Gola geht es wieder deutlich besser. Grund genug für mich, N’Gola und seine Gorilla-Familie wieder zu besuchen.
Gegen Mittag wurde es dann merklich ruhiger im Affenhaus und meine Speicherkarte war unterdessen voll. Mit dem guten Gefühl einige gelungene Bilder im Kasten zu haben, verabschiedete ich mich von meinen afrikanischen Verwandten und bin losgezogen in den Grossstadt-Dschungel, um Nahrung zu suchen.
Die Gorillas im Zoo Zürich gehören zu den Westlichen Flachlandgorillas (Gorilla gorilla gorilla).
Die Unterart steht auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten der IUCN. Der aktuelle Status lautet daher:
„vom Aussterben bedroht“ (critically endangered)